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Unruhige Märkte, frühe Ernte & teure Energie

Forum nach der Ernte

Ende September hatte der Baden-Württembergische Müllerbund zu seinem Forum nach der Ernte in die Festhalle nach Denkendorf geladen. Auf dem Programm standen die Getreidemärkte und die Qualität der Getreideernte 2022, die Verbandsarbeit sowie die Bedrohung von Unternehmen durch Cyberangriffe.


Laut Dr. Richard Volz, Bereichsleiter Agrar bei der ZG Raiffeisen eG in Karlsruhe, verzeichnet der Getreidemarkt seit Corona einen Aufwärtstrend. Der Ukraine-Krieg habe zu einer höheren Volatilität und Rekordwerten an den Märkten geführt. Er schätzt den aktuellen Markt als übertrieben an, denn die Versorgungslage sei schon knapper gewesen – und zwar bei einem niedrigeren Preisniveau. Man habe es jedoch mit einem nie dagewesenen Preisniveau und Preisverschiebungen zu tun. Volz hält dies für eine länger anhaltende Entwicklung, die fünf bis zehn Jahre andauern könnte. Risikomanagement sei daher das Gebot der Stunde.

Wie vielerorts hat auch in Baden die Getreideernte 2022 um einiges früher eingesetzt. Die Bestände waren gut über den Winter gekommen, hatten jedoch durch die erste Hitze Ende Juni die Abreife beschleunigt. Während die Erträge weitestgehend gut waren und keine Mykotoxine zu verzeichnen waren, fielen die Proteine etwas schwächer aus.

 

Angesichts der Trockenheit glimpflich davongekommen

 

Ein ähnliches Bild zeichnete Dr. Robert Aberham vom Labor Aberham, Großaitingen, in seinem Bericht zur Backqualität der diesjährigen Getreideernte. Der Proteingehalt beim Weizen korreliere meist mit der Ertragsmenge: hoher Ertrag bei niedrigem Eiweiß, niedrigerer Ertrag bei besseren Eiweißwerten. Dennoch sei man angesichts der extremen Trockenheit noch glimpflich davongekommen. Der Feuchtkleber seiner Weizenproben lag im Schnitt bei 27,8 Prozent, der Sedimentationswert bei 49. Da A- und E-Sorten auch bei schwächerem Eiweiß besser backen, bat er, im Anbau weiterhin qualitativ hochwertige Sorte zu einzusetzen.

Die Weizenproben erreichten hohe Fallzahlen und zeigten sich enzymarm. Die niedrige Proteinmenge – Aberhams Muster wiesen einen Schnitt von 12,6 Prozent auf – lasse den Weizen empfindlich auf Ascorbinsäure reagieren. Daher solle auf die Teigstruktur sowie auf das Extensogramm für die Dosierung der Ascorbinsäure geachtet und diese durch Triebverbesserer unterstützt werden. Teige, die zur Kürze neigten, würden sich im Ofen noch stärker zusammenziehen.

 

Roggen ist sehr enzymarm

 

Noch deutlicher wurde er beim Roggen. „An eine derart enzymarme Roggenqualität kann ich mich nicht erinnern,“ betonte Aberham. Dies führe zu leblosen Teigen, Krumen- und Krustenrissen, einer sehr schwachen Gasbildung und einer schlechten Frischehaltung der Gebäcke. Trotz des Einsatzes von Malzmehl drohten breit laufende Brote. Da chemische Prozesse sehr temperaturabhängig seien, rechnet Aberham mit mehr Reklamationen im Winter wegen lebloser Teige.

Er empfiehlt, den Roggen feiner zu mahlen, um eine größere Oberfläche zu erhalten. So könnten die Quellvorgänge und enzymatischen Prozesse besser ablaufen. Beim Mahlen sollten die Müller an die Obergrenze der Type gehen und den Bäcker lieber die nächsthöhere Type empfehlen. Die Teige sollten nicht so stark versäuert, die Wassermenge erhöht und die Teige länger und mit Vorteigen geführt werden. In diesem Jahr sei das gesamte Können des Bäckers gefragt.

Die Fallzahlen lagen in seinen Proben hingegen mit im Schnitt über 300 Sekunden so hoch wie sonst nie. Abgesehen von einzelnen belasteten Proben fielen die Mutterkorngehalte in diesem Jahr sehr gering aus.
Auch beim diesjährigen Dinkel empfahl er eine vorsichtige Dosierung der Ascorbinsäure sowie eine Verlängerung der Teigführung für die Gärung. Im Labor hatte er eine breite Spreizung der Werte festgestellt, mit im Schnitt 13,4 Prozent Protein, einem Feuchtkleber von 34 Prozent und einer Fallzahl von 327 Sekunden.

 

Intensive Öffentlichkeitsarbeit durch den VGMS

 

Der Ukrainekrieg und die damit verbundenen Entwicklungen an den Märkten für Getreide und Energie bestimmen nach wie vor die Arbeit des Verbands der Getreide-, Mühlen- und Stärkewirtschaft VGMS e. V., Berlin. Die öffentliche Aufmerksamkeit sei groß und man habe seit Beginn des Ukraine-Konflikts in der Geschäftsstelle so viele Presseanfragen wie noch nie, erklärte VGMS-Geschäftsführer Dr. Peter Haarbeck. Neben den Preisentwicklungen treffen die Energiepreise die Mühlen hart, sodass der Verband sich bei den Politikern regelmäßig Gehör verschaffe, um die Bedeutung der Branche zu verdeutlichen.

Gleichzeitig seien die Unternehmen von Seiten der Politik mit Themen wie der weiteren Minimierung von Alkaloiden in Roggen und Weizen, der Vermeidung von Lebensmittelverlusten und der Reduktion der Stickstoffdüngung konfrontiert. „Die Proteinmenge bleibt das Maß aller Dinge und steht in Relation zu Klebermenge und -qualität. Ohne dieses Maß geht es nicht,“ stellte Haarbeck in Denkendorf fest. Hinzu kommen Herausforderungen wie die von Brüssel formulierten Nachhaltigkeitsziele, darunter der Green Deal zur Reduzierung der Treibhausemissionen auf Null bis zum Jahr 2050.

 

Firmen alle Größen von Cyberangriffen betroffen

 

Die Gefahren durch Cyberangriffen auf Unternehmen verdeutlichte Torsten Seeberg von der Zentralen Ansprechstelle Cybercrime (ZAC) beim Landeskriminalamt Baden-Württemberg. Wie Seeberg erläuterte, sind Unternehmen jeglicher Größe von den Angriffen betroffen, also auch Klein- und Kleinstunternehmen, die durch massenhaft durchgeführte Breitbandangriffe getroffen würden.

Bei den Cybertatbeständen gibt es drei Schwerpunkte. Da ist zunächst das Ausspähen von Passwörtern, das sogenannte Phishing. Hier erhalten Betroffene E-Mails mit einem vermeintlichen Link zum eigenen Webmail-Anbieter oder zum VPN-Dienst für den externen Zugriff auf das Firmennetzwerk. Der Link verbindet jedoch nicht zum Anbieter, sondern auf eine nachgebaute, täuschend ähnlich aussehende Oberfläche der Cyber-Kriminellen. Gibt der Betroffene sein Passwort ein, wird dieses von den Kriminellen abgeschöpft.

Damit ist das Tor geöffnet für den nächsten Cyber-Schwerpunkt, die Ransom-Software. Nachdem sich die Kriminellen Zugang zum Firmennetzwerk verschafft haben, lesen sie Daten aus und verschlüsseln diese. In einer Erpressungsmail drohen sie mit der Veröffentlichung der Daten im Internet und bieten eine Entschlüsselung der Daten gegen Lösegeld an. Torsten Seeberg empfiehlt, in so einem Fall die ZAC zu kontaktieren und auf keinen Fall Lösegeld zu zahlen. Dieses werde ohnehin nicht bar oder als Überweisung, sondern in Kryptowährungen verlangt.

 

Unternehmensdaten auf externen Festplatten sichern

 

Der dritte Cyber-Schwerpunkt ist der E-Mail-Betrug. Die Täter versenden E-Mails im Namen der Geschäftsführer oder verschaffen sich zum Beispiel Zugriff auf die E-Mail-Accounts für den Rechnungsausgang eines Unternehmens. Wenn eine Rechnung per PDF versendet wird, wird diese von den Kriminellen abgefangen und die Bankverbindung geändert.

Torsten Seeberg empfiehlt, die eigene Hard- und Software auf dem aktuellen Stand zu halten und Sicherheitskopien auf externen USB-Festplatten und nicht auf dem eigenen Server zu speichern. Außerdem solle man testweise prüfen, ob die eigenen Daten durch die vorhandene Software auch tatsächlich wieder hergestellt werden können. „Jedes an das Internet angebundene System ist angreifbar – machen Sie sich das bewusst“, mahnte er die Zuhörer.

 

Text und Foto: Kornelia Dewald, Stettfelder Mühle